Varanasi als kulturelle Stätte

Es ist 8 Uhr morgens als wir in Varanasi ankommen. Wie die meisten indischen Städte die wir bisher besuchen schläft Varanasi noch. Vermutlich wird die Stadt erst gegen 10 Uhr richtig erwachen.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Pforten des “Guesthouse” noch geschlossen sind, als der Rickshawfahrer uns absetzt. Freundlicherweise will uns der Fahrer nicht einfach stehen lassen, was uns etwas verwundert und beginnt an der Pforte zu rütteln. Wir sind etwas peinlich Berührt, um nicht zu sagen, uns ist die Situation etwas unangenehm, da wir befürchten das bald alle Gäste des Hauses wach sind.

Nach einigen Minuten des Kraches, sind wir aber doch froh, dass der Fahrer sich die mühe gemacht hat. Das Zimmer das uns der Eigentümer Zeigt, wirkt als wäre es entweder eine weile unbenutzt gewesen oder nicht besonders gründliche gereinigt werden. Froh endlich angekommen zu sein, ist uns das aber relativ egal und für den Preis von 600 Rupien auch nicht übertrieben schlimm.

Nach einer kurzen Phase des Ankommens klopft es bereits an der Tür. Mateo, Lauras Mitbewohner mit dem wir uns in Varanasi verabredet haben, möchte uns willkommen heißen und bald aufbrechen. Er ist bereits einen Tag früher mit einem anderen Zug angereist. Eigentlich war geplant beide Tage zusammen die Straßen zu erkunden, doch unsere Verspätung von ziemlich genau 24 Stunden hat diesen Plan etwas über den Kopf geworfen. Von diesem Umstand wollen wir uns aber den einen Tag nicht vermiesen lassen und machen uns gleich wieder auf den Weg. Unser erste Ziel: Frühstück. Zusammen mit zwei Freunden von Mateo, welche mit ihm in Varanasi anreisten, durchsuchen wir die sich füllenden Straßen.

Auf der Wunschliste: Rührei. Die drei hatten es bereits am Abend zuvor verköstigt und für gut befunden. Leider waren die mobilen Essensstände die am Abend zuvor die Straßen belebte, nicht zu finden. Nach einigen Stunden hin und her beschlossen wir aufgrund des wachsenden Hungergefühls eine Art Restaurant auf zu suchen. Auf der Speisekarte, nichts was wie Frühstück klingt. Doch ohne Lauras Hilfe hätte ich von der Speisekarte eh nicht viel Verstanden. Na gut, dann eben ein frühes Mittagessen in nicht so scharf. Bis jetzt war zwar keines der wirklich zu Scharf, doch meist so Scharf, dass es mir schwerfällt den Geschmack abgesehen von Scharf zu beschreiben, da die Schärfe für ein angleichen der Rezepte sogt. Kein Vergleich mit dem indischen Essen, dass ich bis Dato in Deutschland gegessen hatte.
Bevor die anderen Abends abreisen würden, wollten wir noch ein wenig zusammen die Stadt erkunden und einen Tempel aufsuchen. Leider wussten Laura und ich nicht, das zum Besuch der Tempelstätte das mitführen von Visa und Reisepass notwendig war. So warteten wir außerhalb auf die anderen. Da ich aber eh der Ansicht bin, dass Touristen nicht jede für Eingeborene wichtige Stätte überrennen sollten, störte es mich auch nicht weiter, auch wenn ich zugeben muss es Interessant gefunden hätte. Als die anderen anschließend, aber nur mäßig begeistert zurück kamen, setzten wir uns nicht das Ziel es am nächsten Tag nach zu holen.

Varanasi selbst, ist ein spiritueller Ort für Hindus und Sikhs. So gibt es viele Tempel und entlang des Ganges einige Krematorien sowie Verbrennungsstellen. Durch die Verbrennung findet an diesem heiligem Ort eine Reinigung des Karmas statt, damit die Seele den Körper verlassen kann. Um die Seele nicht daran zu hindern im Körper zu verweilen, sollen keinen Tränen vergossen werden. Da Frauen anscheinend eher Tränen vergießen als Männer war unter den Angehörigen nie ein Frau aus zu machen. Die Verbrennungen finden, entlang des Ganges an mehreren Stellen in der Stadt statt und sind öffentlich. Es stört sich niemand daran, wenn man Verbrennung in gebührendem Abstand beiwohnt. Zwar finden die Verbrennung den ganzen Tag statt dennoch beschlossen wir erst Abends eine Verbrennung auf zu suchen.

Nach dem wir Mittags mit den anderen bereits an einer der Stellen vorbei kamen, suchten wir diese Abends erneut auf und hatten das Glück von Beginn an einer Verbrennung beiwohnen zu können.
Der Körper wird auf einer Trage aus Bambus herbeigetragen. Nach dem Körper an einer geeigneten Stelle mit dem Gestelle abgelegt wird, beginnt das Aufschichten des Holzes. An den Verbrennungsstätten liegen dafür Unmengen von großen Holzstämmen bereit. Nach dem professionellen Aufschichten des Holzes wird der Leichnam mit samt Tüchern, welche den ganzen Körper und auch das Gesicht verhüllen auf das Holzbett gelegt. Anschließend werden Körper und Holzstapel mit einer Flüssigkeit übergossen und etwas, dass den Anschein von Holzspänen macht bestreut. Die Bambustrage und alles andere was nicht mit dem Leichnam verbrannt wird und für das Ritual benötigt wird, landet achtlos auf einem Stapel mit Überresten voriger Verbrennungen.

Auch wenn mir der Rituelle Bezug fehlt, werde ich dieses Ereignis als eines der Spektakulären in Erinnerung behalten. So ist es durchaus Interessant wie sich der menschliche Körper sich bei der Verbrennung verhält. So rutsche zu beginn der Verbrennung der Arm des Toten vom Körper weg, sobald die Tücher verbrannt waren, doch durch die Hitze zogen sich aber vermutlich die Muskeln so zusammen, dass der Arm sich anwinkelte und in Richtung Körper gezogen wurde. Wieder erwartend, stellten wir auch keine Unangenehm Gerüche fest. Möglicherweise sorge dafür auch das Gemisch, welches zu beginn über den toten Körper gegossen wurde.
Als wir uns nach über einer Stunde auf den Weg zurück zum Hotel machten, hatten die Männer bereits begonnen die letzten Überreste zusammen zu stauchen, um das Feuer am lodern und die Temperatur hoch genug zu halten. Zwar war der Leichnam noch nicht komplett verbrannt, doch waren nur noch letzte Überreste zu erkennen. Am deutlichsten war noch der Kopf auszumachen, da er die meiste Zeit am Rand oder außerhalb der Flammen lag.
Ein unbeflecktes, sauberes Karmas ist Hinduismus wichtig und entscheidet darüber als was man im nächsten Leben wieder geboren wird. Um ihr Karma zu reinigen ziehen viel Menschen nach Varanasi, um dort zu sterben und durch die Verbrennung an diesem heiligem Ort die Seele von etwaigen Befleckungen zu reinigen. Doch erzählt mir Laura, werden oder wurden nicht all Leichen verbrennt. So werden/wurden beispielsweise Mönche, aber auch andere Leichen aus unterschiedlichen gründen auf den Grund des Ganges versenkt.
Der Fluss ist an sich schon stark verschmutzt, doch macht es mir dies, um so schwerer verständlich warum der Fluss als rituelle Reinigungsstätte gilt und von vielen Menschen zum Waschen des Körpers oder der Wäsche aufgesucht wird. Auch wenn die großen Tücher die entlang des Ufers zum trocken ausgelegt sind schön an zu sehen sind.


Bilder: @Koala